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19. September 2025 Vortrag

Prof. Dr. Süchting: Grund und Grenzen des Widerstandsrechts, Art. 20 Abs. 4 GG. Ein Aufriss (Vortrag Leipzig 19.09.2025)

Mit der berechtigten Ausübung des Widerstandsrechts wird eine bestehende normative Ordnung infrage gestellt und eine neue normative Ordnung behauptet. Ob erfolgreich, ist Sache der Geschichte. Es gibt den Widerstand im Kleinen und es gibt die revolutionäre Tat im Großen. Beiden Taten ist gemein, dass die teilweise oder vollständige Beseitigung eines positiven Rechtszustands zumindest beabsichtigt und eine externe Regelsetzungsbefugnis an dessen Stelle geltend gemacht wird. Die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Begründung eines Widerstandsrechts gegen einen eingerichteten und ausgeübten Staatsbetrieb möglich ist, wird ohne den Rückgriff auf die Grundlagen des Rechtsbegriffs, ohne einen Rückgriff auf die Grundlagen eines bürgerlichen Zustands und die Grundlage einer Verfassung öffentlicher Gerechtigkeit nicht möglich sein.


In der ursprünglichen Ankündigung der interdisziplinären Tagung zu den Praktiken des Widerstandes wurde die 3. Abteilung der Vorträge noch unter die normativ-inhaltliche Vorgabe einer Frage nach der „Gegenwart des Widerstandsrechts“ gestellt. In der abschließenden Fassung der Tagungsankündigung wurde daraus die Überschrift „Recht auf Widerstand“. In einem Akt nicht nur intellektuell bleibenden Widerstandes beharre ich auf der ursprünglichen thematischen Vorgabe und erörtere zunächst die Gegenwart des Widerstandsrechts (A). Untersucht werden dort die besondere Art und Weise, wie normative Bestimmungen gegenwärtig sein können (I). Es folgt eine knappe Beschreibung des Grundkonflikts, welcher das Phänomen des Widerstands als Recht prägt (II). Die Methode, welcher ich in dieser Darstellung folge, erörtere ich als „normative Konstruktion“(III). Einer Einsicht Hegels in den Grundlinien der Philosophie des Rechts folgend, begreife ich die Rechtspflege (und alles, was dazu gehört) als Teil der Sittlichkeit. Folgerichtig ist der weitere Ausgangspunkt das positive Recht des Artikels 20 Abs. 4 GG (B), welcher in seinen begrifflichen Bestimmungen weiter aufzufächern ist (I-III, hier wird allerlei Kommentarwissen ausgebreitet und die eine oder andere Auslegungsfrage besprochen, soweit diese grundlagenrelevant sein könnte). Ein herausgehobenes Moment der Gegenwärtigkeit einer normativen Bestimmung ist deren Anwendung und die Darstellung der Art und Weise, wie die abstrakte Regel auf einen Sachverhalt von einer dazu berufenen Stelle bezogen wird. Nur die Anwendung bis zu den letzten Bestimmungen zeigt die Aktualität einer Regel vollständig (C). In den letzten Jahren beschäftigten Klimaschutzaktivisten die (Straf-)Gerichte. Exemplarisch ist ein Fall über 2 Instanzen (I-III, Amtsgericht Flensburg und Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht) unter die Lupe zu nehmen.



Schließlich leiten einige offene Fragen (D) über in die Diskussion.